Die Waisenkinder der Medizin

Seltene Erkrankungen sind nicht so publikumswirksam wie Bluthochdruck, Diabetes oder Depressionen. Sie betreffen jeweils nur wenige Menschen in Deutschland und Europa.

Diese Erkrankungen werden deshalb auch Orphan Diseases genannt. Orphan bedeutet im englischen „Waise“ oder „Waisenkind“. Tatsächlich sind häufig Kinder betroffen. „Leider sind die seltenen Erkrankungen noch immer in weiten Teilen die Stiefkinder der Medizin“, sagt Prof. Annette Grüters-Kieslich, Vorstandsvorsitzende der Eva-Luise- und Horst-Köhler-Stiftung, die sich für Menschen mit seltenen Erkrankungen einsetzt.

Weg zur Diagnose dauert Jahre

Die Erkrankungen sind oft so selten, dass Ärztinnen und Ärzte sie nicht kennen und deshalb auch nicht erkennen können: Der Weg zur Diagnose dauert oft viele Jahre, begleitet von Fehldiagnosen und falschen Therapien. Ist die Diagnose endlich gestellt, bedeutet das noch lange nicht, dass die Krankheit behandelbar ist. Nur für zwei Prozent der Orphan Diseases sind Arzneimittel verfügbar – sogenannte Orphan Drugs. Es braucht also noch viel Forschung für neue Medikamente, und diese braucht Förderung. Denn die pharmazeutischen Unternehmen gehen ein großes Risiko ein, wenn sie sich der Forschung und Entwicklung von Orphan Drugs widmen, weil es nur so wenige Betroffene gibt. Doch es lohnt sich, für jede einzelne Patientin, für jeden einzelnen Patienten.

Von selten bis extrem selten

Manche Schätzungen gehen von etwa 10.000 Seltenen aus. Insgesamt leiden in Deutschland immerhin etwa vier Millionen Menschen an einer solchen Erkrankung, das sind etwa sechs bis sieben Prozent der Bevölkerung. Wie selten ist selten? Dafür gibt es eine Definition in Zahlen: Als selten gilt eine Erkrankung in der Europäischen Union gemäß der Verordnung (EG) 141/2000, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen betroffen sind. Zum Vergleich: Von 10.000 Menschen leiden 750 an Diabetes Typ 2.

Die Spannbreite ist groß

Dabei ist die Spannbreite innerhalb der seltenen Erkrankungen groß: Manche sind recht bekannt und gehören zu den häufiger vorkommenden seltenen Erkrankungen, wie zum Beispiel die Mukoviszidose – eine angeborene Stoffwechselerkrankung – oder Eierstockkrebs. Bei beiden Erkrankungen gibt es etwa ein bis fünf Betroffene auf 10.000 Menschen. Extrem selten und unbekannt ist dagegen zum Beispiel das Hutchanson-Gilbert-Syndrom – eine angeborene Erkrankung, bei der aufgrund eines Gendefekts schon in frühester Kindheit Haut, Skelett und Blutgefäße vorzeitig altern. Statistisch gesehen sind nur 0,005 pro 100.000 Menschen davon betroffen. Zudem gibt es Tau-sende von seltenen Erkrankungen, bei denen nur wenige Fälle weltweit bekannt sind.

Erkrankung beginnt meist im Kindesalter

Die meisten seltenen Erkrankungen brechen im Kindesalter aus. „Viele betroffene Kinder werden niemals ein selbstständiges Leben führen können, mindestens 1.000 versterben jährlich allein in Deutschland“, sagt die Kinderärztin Prof. Grüters-Kieslich. Denn nur für 160 der 8.000 seltenen Erkrankungen gibt es mittlerweile ursächliche Therapien und spezifische Medikamente. „Leider sind die seltenen Erkrankungen noch immer in weiten Teilen die Stiefkinder der Medizin“, so Grüters-Kieslich. „Es fehlt an strukturierten Versorgungswegen, an Spezialistinnen und Spezialisten, an Investitionen in die Forschungsstruktur. So dauert es meist viele Jahre bis zur Diagnose und oft kann nicht gezielt behandelt werden.“

 

Quelle: Bundesverband der pharmazeutischen Industrie e. V.  / Foto: Adobe Stock / momius

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